Die Litfaßsäule ist ein Berliner Exportprodukt. 1854 wurde die erste Säule in Berlin aufgestellt, bald fand das frühmoderne Massenmedium seinen Weg in viele Städte Deutschlands und
Europas. Heute, über 150 Jahre später, wird die Zukunft der Litfaßsäule in ihrer Geburtsstadt neu ausgehandelt. Der aktuelle Betreiber reduziert die Säulen und tauscht 1500 Stück aus.
Nur wenige historische Säulen bleiben der Stadt erhalten.
Der Künstler Erik Sturm beobachtet und thematisiert diesen Wandel. Der langjährige Fokus seiner Arbeit liegt auf dem öffentlichen Raum und seinen Phänomenen. Besonders interessieren ihn dick beklebte Litfaßsäulen, die er als Zeitdokument und kulturelles Archiv betrachtet. Im Jahr 2017 hat er eine Kreuzberger Säule, die am längsten beklebte Litfaßsäule Berlins, für eine
Ausstellung im Hamburger Bahnhof Berlin in 40 Stücke zersägt. Teile der Blöcke stapelte er zu Skulpturen, andere entblätterte er Schicht für Schicht.
Gemeinsam mit Jugendlichen von “Momo – the Voice of disconnected Youth”, einer Initiative für junge Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, hat er in einem einwöchigen Workshop, fünf der Kreuzberger Plakat-Blöcke entblättert. Zu Vorschein kamen über 1000 Ausschnitte, ein kleines Archiv der Berliner Alltags- und Werbekultur. Die sehr unterschiedlichen Fragmente gaben den Jugendlichen Anlass zu Erinnerung, weiteren Recherchen, Diskussionen und führten zur kritischen Auseinandersetzung der Werbeinhalte. Themen wie Identifikation, Jugendkultur und Repräsentation sind beim Workshop zur Sprache gekommen.
Bei der ersten Ausstellung im neu eröffneten bUm am Paul-Linke-Ufer 21, wird erstmals eine Auswahl der Plakate gezeigt. Bei einer Spende ab 50 Euro erhält man eines der Plakate. Der Erlös geht zu Gunsten obdachloser Jugendlicher der Stadt. Verteilt wird das Geld von KARUNA.
*Ein Plakat erhält man bei einer Spende ab 50 EUR. Die Spende sollte möglichst vorab bezahlt werden. Die Plakate können am Ende der Ausstellung am Freitag 25. und Samstag 26. Oktober im bUm, jeweils von 10–18 Uhr abgeholt werden. Es besteht auch die Möglichkeit die
Plakate gegen einen Aufpreis von 10 EUR für Porto und Versand zu verschicken.
Kuration: Erik Sturm und Cainelliklaska
Assistenz: Fausto Paz und Maria Späth
Text: Emilia von Senger